Stand Pro Natura Solothurn an den 2. Solothurner Waldtagen Corinne Rutschmann
09.09.2024 Wald

Wo sind denn all die Tiere im Wald? Ich kann gar keines sehen!

Erinnerungen an die Solothurner Waldtage in Selzach

Vom 2.-8. September fanden im Brüelwald in Selzach die zweiten Solothurner Waldtage statt. An 31 Posten konnten die Besuchenden den Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraum Wald mit allen Sinnen erleben. Pro Natura Solothurn war mit einem interaktiven Posten vor Ort.

Walderlebnisworkshops mit Schulklassen

Von Montag bis Freitag besuchten insgesamt 18 Schulklassen, vom Kindergarten bis zur 8. Klasse, unseren Posten zum Thema “Lebenslauf der Bäume”.

Aus Sicht der Umweltbildung war es uns ein Anliegen, dass die Kinder und Jugendlichen den Wald erleben und entdecken und mit allen Sinnen erfahren können. Konkret bedeutet dies, nicht nur über den Wald zu referieren, wie dies auch im Schulzimmer geschehen könnte, sondern ihn als Lern- und Erlebnisort zu nutzen und die Schülerinnen und Schüler für Sinneserfahrungen oder Suchaufträge durch den Wald streifen und in diesen Lebensraum eintauchen zu lassen.

Zu Beginn durften die Kinder den Wald mit Hilfe eines Spiegels erkunden. Dabei hält sich ein Kind einen Spiegel an die Nase und lässt sich von einem anderen Kind durch den Wald führen. Dieser ruhige Einstieg mit Blick ins Blätterdach hilft den Kindern, im Wald anzukommen und sich mit ihren Sinnen auf diesen ungewohnten Perspektivenwechsel einzulassen. Ausserdem wird den Kindern und Jugendlichen auf spielerische Art gezeigt, dass der Wald aus mehreren Stockwerken besteht, welche alle von verschiedenen Waldlebewesen bewohnt werden.

Anschliessend befassten sich die Klassen mit den verschiedenen Baumzyklen vom Samen bis zum Totholz. In einem Spiel suchten die Kinder verschiedene Materialien und Gegenstände aus dem Wald und ordneten diese anschliessend den Lebensräumen und Lebensphasen der Bäume zu. Dabei wurde ersichtlich, dass der Baum für das Ökosystem Wald in jeder Lebensphase wichtige Aufgaben erfüllt und verschiedenen Pflanzen, Pilzen und Tieren Lebensräume und Nahrung bietet. Fast immer waren sich die Kinder einig, dass beim alten oder toten Baum am meisten Tiere zu finden sind, dass diese für die Biodiversität also von grosser Bedeutung sind.

Zum Schluss kreierten die Kinder ein kleines Waldkunstwerk. Sie sammelten begeistert kleine Pflanzenteile, klebten diese auf eine Karte, streuten Sand über die verblieben Klebeflächen und färbten den Kartenrand mit Naturfarben wie Blättern, Blüten oder Erde ein. Entstanden sind wunderschöne, individuelle Waldbilder, welche sie mit nach Hause nehmen durften.

Offizielle Eröffnung am Freitag

Nach der Eröffnungsfeier mit geladenen Gästen am Freitagnachmittag öffneten die Waldtage ihre Tore für die Bevölkerung. Bis am Sonntagabend besuchten zahlreiche Familien und interessierte Personen den Rundgang durch den Brüelwald. An unserem Posten “Lebenslauf der Bäume” informierten wir die Besuchenden über die natürliche Walddynamik und die Bedeutung von alten Bäumen (siehe Hintergrund).

Mit verschiedenen interaktiven Angeboten luden wir zum selbstständigen Entdecken des Waldes und seiner Habitatbäume ein. In der Nähe des Postens waren einige Habitatbäume mit spezifischen Kleinlebensräumen wie Spechthöhlen, Wurzelhöhlen, Frasslöchern oder Kronentotholz markiert. Mit Feldstechern oder Lupen erforschten die Besuchenden die wertvollen Bäume auf eigene Faust und informierten sich über deren Lebensräume. Ein aufgesägter alter Baumstamm mit einer Spechthöhle darin faszinierte Gross und Klein und zeigte die Bedeutung solcher Lebensräume. Der Gartenbaumschläfer - ein Beispiel eines Höhlennachmieters - war auch anwesend.

Die aufliegenden Spiegel wurden auch von Erwachsenen gerne ausprobiert, um in die Kronen der alten Bäume zu schauen und unter dem Mikroskop konnten verschiedenste Kleinlebewesen des Waldes betrachtet werden – auch selbst gesuchte.

Sehr beliebt war auch die Ausstellung von Spuren verschiedener Waldtiere. Die meist nicht sichtbaren Tiere hinterlassen allerlei Frassspuren an Nüssen und Zapfen. Anhand dieser Nagespuren kann herausgefunden werden, ob ein Eichhörnchen, eine Haselmaus oder eine Rötelmaus die Nuss gefressen hat. Viele Besuchende waren fasziniert und wussten danach, welche unbekannten Nachbarn auch in ihrem Garten leben.

Geteilte Erfahrungen

Alle waren herzlich eingeladen, ihre Erfahrungen, Erkenntnisse und Funde rund ums Thema “Lebensraum Baum” an einer grossen Pinnwand beim Posten zu präsentieren. So ist während dieser Woche ein farbiges Kunstwerk aus unzähligen Waldeindrücken entstanden. Herzlichen Dank allen Besuchenden fürs Mitgestalten, für die motivierenden Gespräche, die spannenden Fragen und das neugierige Erkunden – dank Ihnen sind die Waldtage für uns alle zu einem grossartigen Erlebnis geworden!

Hintergrund

Die überwiegende Mehrheit unserer Wälder wird bewirtschaftet und der Wald erbringt dem Menschen vielfältige Leistungen wie Holzproduktion, Schutz vor Naturgefahren oder Erholung und hat ausserdem eine grosse Bedeutung für die Erhaltung der Biodiversität. Die natürliche Waldentwicklung ist im Wirtschaftswald jedoch stark begrenzt, weil Bäume weit vor ihrer biologischen Alterung entnommen werden. Dies führt zu einer Verkürzung des Waldentwicklungszyklus, wodurch Prozesse und Strukturen der späten Waldentwicklungsphasen weitgehend fehlen. Oft mangelt es an alten Bäumen und Totholz - dicke, alte Bäume, die verschiedene Lebensräume für andere Arten aufweisen, sind dabei besonders wichtig. Diese sogenannten Habitatbäume sind elementar für die Artenvielfalt und die Widerstands- und Anpassungsfähigkeit der Wälder.